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Metaverse: Die nächste Evolutionsstufe des Internets

Podcast mit Anna Weste, CDMO L'Oréal und Thomas Fell, Lead GS1 Germany

Zugegeben, ganz ausgereift ist das Metaverse noch nicht. Aber schon jetzt ist klar: Es eröffnet dem Handel Geschäftsmodelle, die es so noch nie gab. Welche das sind und warum sich Unternehmen schon heute auf den Weg ins Metaverse machen sollten, darum geht es in dieser Podcastfolge.

Portrait Anna Weste

Das Metaverse ist heute noch kein Umsatzkanal, aber es ist ein wichtiger Touchpoint

Anna Weste

Chief Digital & Marketing Officer bei L'Oréal im DACH-Raum

Foto von Thomas Fell

Das Metaverse wird kommen – mit oder ohne Ihr Unternehmen. Es ist einfach nur die Frage: Wollen Sie dabei sein?

Thomas Fell

Lead GS1 Germany

Warum das wichtig ist

Digital-Expert:innen sind sich einig: Das Metaverse ist die nächste Evolutionsstufe des Internets. Es bietet uns die Möglichkeit, als Avatare in komplexen 3D-Welten zu interagieren, die durch das Zusammenwirken von virtueller, erweiterter und physischer Realität entstehen. Was anfangs noch als Hype abgetan wurde, entwickelt sich rasant. Eine Analyse von McKinsey & Company zeigt: Das Metaverse hat das Potenzial, bis zum Jahr 2030 einen Wert von 5 Billionen US-Dollar zu erreichen. Der größte wirtschaftliche Treiber ist mit 2,6 Billionen US-Dollar der E-Commerce. Doch während sich einige Unternehmen bereits auf den Weg ins Metaverse begeben haben und schon dabei sind, ihren Innovationsvorsprung auszubauen, tun sich andere mit dem Einstieg noch etwas schwer. Was sind die wichtigsten Plattformen und worin unterscheiden sie sich? Welche potenziellen Handlungsfelder gibt es und welche neuen Zielgruppen lassen sich über das Metaverse erreichen? Das bespreche ich mit meinen heutigen Gästen.
Mein Name ist Jana Samsonova und mit mir im Studio sind heute Thomas Fell, Lead GS1 Germany, und Anna Weste, Chief Digital & Marketing Officer bei L'Oreal im DACH-Raum. GS1 Germany hat in Köln einen physischen Trainingsort zur Erkundung des Metaverse eröffnet: die Metaverse Experience. L'Oréal hat sich bereits erfolgreich mit Pionier-Projekten im Metaverse positioniert. Herzlich Willkommen, Frau Weste und Herr Fell!

Herr Fell, das Metaverse steckt noch in den Kinderschuhen. Viele Unternehmen zögern noch einzusteigen oder wissen schlichtweg nicht, wie. Warum ist aber gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um im Metaverse durchzustarten?

Fell: Das Metaverse ist sicherlich für uns alle Neuland. Das hat zwar die ehemalige Bundeskanzlerin vom Internet auch behauptet, als es nicht mehr ganz so neu war – ich würde aber sagen, mit Blick auf das Metaverse stimmt das noch. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes noch ein Neuland für uns, in dem wir uns ausprobieren und experimentieren können. Und es ist ein bisschen wie mit allen neuen Dingen: Sie werden erst belächelt, dann bekämpft und dann kopiert. Das kennen wir alle noch vom iPhone, als das auf den Markt kam: „Wer hält sich denn einen Bildschirm ans Ohr? Die Batterie ist so schlecht! Auf dem Bildschirm soll man all diese Dinge tippen?“ Und wenn man sich heute Smartphones anschaut, sehen sie alle gleich aus. Den Vergleich mit den Kinderschuhen finde ich schön, weil Kinder zum Experimentieren und Ausprobieren neigen. Und das Metaverse ist noch etwas für mutige Pioniere, die loslegen wollen. Und warum gerade jetzt? Ganz einfach: Die Vergangenheit ist vergangen. Das Morgen kommt nie. Du kannst es nur im Heute, im Jetzt tun. Darum ist jetzt immer ein guter Punkt, um anzufangen.

GS1 Germany eröffnet ja diesen Monat die Metaverse Experience im Knowledge Center in Köln. Inwiefern soll dieser ausgerechnet physische Trainingsort Unternehmen auf ihrem Weg ins Metaverse unterstützen?

Fell: Auf den ersten Blick mag es etwas merkwürdig anmuten: ein physischer Raum. Wir brauchen aber eine Lernumgebung, in der wir gemeinsam experimentieren können. Das Schöne an Experimenten ist nämlich, dass sie auch mal schiefgehen können. Wir wollen bewusst experimentieren, ausprobieren, voneinander lernen, einfach mal ins Handeln kommen. Machen, daraus lernen, etwas Neues entwickeln und zwar gemeinsam. So ein bisschen auch auf fremden Rampen starten und nicht alles auf einem weißen Blatt Papier selbst erfinden müssen. Das sind die Themen, die uns auf der einen Seite treiben, und auf der anderen Seite ist es ja auch so: Verstehen bekommt im Leben immer nur den Trostpreis. Erleben, also es wirklich mal erleben, bekommt den Hauptpreis. Und das wollen wir ermöglichen. Wir wollen gemeinsam mit unserer Community ein Lernumfeld schaffen. Darauf freuen wir uns sehr. Und am 17. Oktober2023 werden wir die Metaverse Experience eröffnen.

Ganz konkret: Welche relevanten Anwendungsfälle und potenziellen Handlungsfelder bietet das Metaverse denn überhaupt für Unternehmen?

Weste: Das Metaverse wird das Internet erweitern. Um virtuelle Welten, die dem realen Leben nachempfunden sind, aber die auch die Möglichkeit geben, Neues zu erfinden. Und da entsteht ein ganzes Spektrum an neuen Möglichkeiten, die für Unternehmen unheimlich spannend sein können. Für uns bedeutet das: Wir möchten Konsument:innen dort erreichen, wo sie sind. Auf Plattformen wie Instagram, TikTok und allen Social-Plattformen, die wir so kennen. Aber sie beginnen auch schon, auf Plattformen wie Roblox oder Fortnite gemeinsam ihre Lebenswelten zu erweitern und sich dort zu treffen. Und genau da setzen wir an: Wir möchten ganz zu Beginn dieser Beziehungen, die sich neu aufbauen, mit dabei sein und gemeinsam Dinge ausprobieren.

Fell: Ja, und es gibt ja auch verschiedene Arten und Typen von Metaverse. Wir kennen es wahrscheinlich alle aus der Gaming-Industrie und von unseren Kindern. Wir sehen aktuell die ersten Versuche im E-Commerce: Wie lässt sich die Gaming-Welt im E-Commerce erweitern? Persönlich glaube ich, dass die richtig großen Fortschritte im Industrial Metaverse zu sehen sind, wo Unternehmen Dinge testen und tun, die sie in der realen Welt nicht tun könnten, weil sie beispielsweise viel zu teuer wären, zu ineffizient. Man denke auch an Schulungs- und Ausbildungsmaßnahmen, an Produktstrategien oder Kundenerlebnisse mit Hilfe des Metaverse. Es gibt aus Unternehmenssicht eine ganze Reihe von Aktivitäten und Themen, die dort stattfinden werden. Und die ersten Firmen gehen bereits voran. Siemens will laut eigener Aussage 500 Millionen Euro investieren und ganz viel experimentieren und ausprobieren. Aber es gibt auch schon bekannte Brands: Coca-Cola hat unlängst Coca-Cola Zero Sugar Byte announced. Sie soll nach Bytes schmecken – das fällt mir noch ein bisschen schwer zu glauben. Aber vielleicht muss man sie mal probieren. Oder Domino‘s Pizza, die im Metaverse erlauben, dass man eine Pizza bestellt, die dann physisch geliefert wird. Man sieht sehr deutlich: Es probieren und versuchen sich ganz Viele, und da wird auch noch eine ganze Menge passieren.

Ja, es probieren sich Viele aus. Frau Weste, L'Oréal ist eines dieser Unternehmen. Sie sind vor gut einem Jahr im Metaverse gestartet, unter anderem mit Frisuren-Kollektionen für Avatare. Was genau macht für Ihr Unternehmen denn überhaupt den Reiz des Metaverse aus?

Weste: Für uns als Beauty-Unternehmen ist der Reiz unseres gesamten Geschäftsmodells immer, herauszufinden, was Konsument:innen heute bewegt und wie wir sie inspirieren können. Das tun wir in der physischen Welt über das Ausprobieren von Produkten oder über ganz viele visuelle Vorschläge an Looks, die wir unseren Konsument:innen zur Verfügung stellen. Im Metaverse sind wir reduziert auf Audio- und visuelle Reize. Das heißt, wir werden das Visuelle mehr nutzen als die Audioreize. Diese sind für uns als Unternehmen nicht ganz so relevant. Und die visuellen Reize können wir natürlich in ganz viel breiteren Spektren ausprobieren. Und so sind wir gestartet mit Frisuren und mit Make-up-Looks, die man den Ready-Player-Me-Avataren heute anziehen und ausprobieren kann. Dabei lernen wir sehr viel über die Codes of Beauty, die sich im Internet und im Metaverse, also in der weitergeführten Form davon, ausbreiten. Und es ist total spannend zu beobachten. Unsere Konsument:innen sind tatsächlich sehr viel mutiger, wenn sie ins Metaverse gehen, weil man dort sehr viel schneller auch mal einen verrückten Look ausprobieren kann, ihn sehr viel schneller auch wieder ausziehen kann und dementsprechend viel mehr ins Ausprobieren und ins Interagieren kommt. Und dadurch lernen wir natürlich auch: Was ist alltagstauglich, was ist vielleicht experimenteller und wohin zieht uns der Code of Beauty der Zukunft? Das ist für unsere Marken natürlich höchst strategisch, um in der Zukunft gut aufgestellt zu sein.

Und abgesehen von dem sich verändernden oder einem anderen Code of Beauty, welche Erkenntnisse konnten Sie aus diesem ersten Jahr im Metaverse noch mitnehmen?

Weste: Wir nehmen mit, dass es sehr viel spielerischer zugeht. Gaming-Plattformen sind natürlich ein großer Teil des Metaverse heute. Und Gaming ist auch ganz, ganz viel mehr in die Mitte der Gesellschaft gerückt, als wir das vielleicht noch vor wenigen Monaten gedacht haben. Viele Menschen in unserem Land spielen regelmäßig und in Interaktion mit anderen. Dahinter verbergen sich ja auch neue soziale Kontakte, die sich knüpfen. Das ganze Leben wird vielleicht in eine virtuelle Welt verlegt, aber eben auch manchmal nur Teilbereiche des Lebens. Und darin unterwegs zu sein, ein guter Partner an dem Kontaktpunkt zu sein, wo Menschen Marken treffen möchten, das ist für uns auf ganz vielen Elementen der Consumer Journey unheimlich relevant.

Herr Fell, ist das denn auch der Eindruck von den Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten? Geht es allen ein bisschen so?

Fell: Ja, glaube ich schon. Und eben habe ich auch wieder etwas gelernt: Unser Avatar bei Ready Player Me heißt Gisela 3000 und hat noch keine Frisur. Also sollte ich direkt mal bei L'Oréal vorbeischauen. Und ja, alle denken darüber nach, was sich im Metaverse umsetzen lässt. Es ist sehr spannend zu sehen: Viele versuchen zunächst, die Realität im Metaverse abzubilden. Das kennen Sie vielleicht noch von den ersten digitalen Armaturenbrettern, die Eins zu Eins wie in der physischen Welt aussahen. Aber das große Potenzial liegt darin, es völlig anders zu machen. Und die Diskussionen, die wir mit Handel und Industrieunternehmen haben, wenn es zum Beispiel um Shop-Design geht: Sie haben im Metaverse völlig andere Möglichkeiten, was das Sortiment oder die Regalplatzierung betrifft. Sie nehmen ein Produkt aus dem Regal und können die ganze Range dieser Produktvielfalt einfach in das Regal beamen und danach wieder etwas Anderes. Die Unternehmen tasten sich heran. Man probiert aus, die physische Welt abzubilden, aber der Geschmack kommt dann beim Essen, beim Probieren, beim Spielen, und dann wird man ganz neue Dimensionen und Möglichkeiten miteinander erleben und kreieren können. Und das wird spannend.

Jetzt nutze ich mal, dass Sie beide aus zwei verschiedenen Perspektiven berichten können. Welche Strategien sollten Unternehmen jetzt verfolgen, um im Metaverse wirklich erfolgreich Fuß zu fassen und von den Möglichkeiten, die es bietet, zu profitieren?

Weste: Es ist einfach die nächste Evolutionsstufe und sich dementsprechend jetzt damit zu befassen, ist Zukunftsmusik, die gemacht werden muss, damit wir für die Zukunft gut aufgestellt sind. Unsere Konsument:innen sind schon in der Lage, damit umzugehen. Und ich glaube, sie sind oft sehr viel weiter, als die Unternehmen es sind. Kleine, wendige Einheiten in Unternehmen zu haben, die ausprobieren dürfen, halte ich für eine sehr gute Idee, damit man auch nah am Puls der Zeit bleibt. Und so wie heute jeder eine E-Mail-Adresse hat und eine Social-Media-Kennung, so wird in der Zukunft jeder auch irgendeine Art von Avatar haben, um sich in der virtuellen Welt zurechtzufinden. Dementsprechend sehen wir heute schon über 80 Prozent der 16- bis 29-Jährigen gamen – sie sind schon da. Sie werden älter, und die Leute, die danach kommen, werden noch höheres Interesse haben und noch intensiver damit aufwachsen. Und deswegen ist es für uns wirklich wichtig, nah an der jungen Generation zu sein, um die Trends zu verstehen und diese auch für die Zukunft vorzubereiten.

Fell: Ja, ich kann das auch nur ein bisschen spiegeln und unterstützen. Das klingt alles ein bisschen verrückt im Moment. Das klang es aber damals mit der ersten E-Mail-Adresse auch, völlig richtig. Und als mir Menschen gesagt haben, die E-Mail-Adresse wird wichtiger als meine Festnetz-Telefonnummer, hielt ich sie auch für verrückt. Und das waren sie auch in der Tat: Sie waren ein bisschen ihrer Zeit vorausgerückt. Und so wird es hier aus meiner Sicht auch sein. Was man empfehlen kann: Einfach machen. Ausprobieren, anfangen und die Diversität der Menschen im eigenen Unternehmen nutzen. Das ist ein ganz tolles Spielfeld, auf dem Sie wirklich alle in Ihrem Unternehmen mit begeistern können. Die ganzen Erfahrungen an einen Tisch bringen und etwas Neues miteinander ausprobieren. Das ist einfach ein fantastisches Erleben. Und das Metaverse wird kommen, mit oder ohne Ihr Unternehmen. Es ist einfach nur die Frage: Wollen Sie dabei sein oder nicht? Und ich glaube, viele Ihrer Mitarbeitenden wollen gerne dabei sein und werden es Ihnen danken, wenn diese Erlebnisräume oder Räume zum Ausprobieren geschaffen werden.

Wir sind schon am Ende des Podcasts angekommen. Jetzt möchte ich von Ihnen beiden aber noch unbedingt wissen: Welchen Gedanken möchten Sie denn unseren Zuhörer:innen abschließend mit auf den Weg geben?

Fell: Eine Überzeugung, die mich immer treibt bei diesen Themen, ist: bisher waren es die Verrückten, die die Welt vorangebracht haben. Diese Verrückten im positiven Sinne sind ihrer Zeit etwas voraus, und so wird es auch hier wieder sein. Es kommt uns alles ein bisschen krude vor, aber lassen wir uns gerne darauf ein und gestalten wir es mit.

Weste: Ich würde gerne mitgeben, dass das Metaverse heute noch kein Umsatzkanal ist, aber es ist ein wichtiger Touchpoint. Und ein Touchpoint bedeutet: ein Ort, an dem man mit seinen Konsument:innen in Kontakt treten kann. Und dafür sollten wir immer offen sein und diese Offenheit auch unseren Mitarbeiter:innen ermöglichen und auch unseren Kindern, damit sie sich für ihre Zukunftswelt vorbereiten können, die sicherlich noch viel digitaler sein wird als unsere.

Frau Weste, Herr Fell, vielen Dank. Ich würde sagen, wir sehen uns alle im Metaverse oder gerne noch mal hier bei „So klingt Wirtschaft“.

Fell: Ja, Tschüss und vielen Dank, dass wir hier sein durften.

Weste: Herzlichen Dank.

Und hier der Podcast zum reinhören: